Ich weiß, daß die Hälfte meines Werbebudgets vergeudet wird. Nur weiß ich nicht, welche Hälfte.

Apr. 19, 1998

Das war das Motto einer Ende März in Hamburg abgehaltenen FachKonferenz zum Thema "Werbeerfolg messen und beurteilen", zu der sich langjährige Praktiker aus unterschiedlichsten Richtungen - Agentur, Marktforschung, Industrie - in Form von Fachvorträgen äußerten. Durch das Programm führte Dr. Ulrich Lachmann, Berater für Marktforschung und Werbegestaltung. 
 
Dr. Lachmann trug gleichzeitig den ersten Beitrag vor, in dem er die Bedeutung der Wahrnehmung (entsprechend des altbewährten AIDA-Modells - Attention, Interest, Desire, Action) hervorhob und zu bedenken gab, daß das "low involvement" der Leser oder Zuhörer-schaft an der vermittelten Botschaft häufig unterschätzt wird. Seiner Meinung nach muß sich der Kreative immer darüber bewußt sein, daß zum Zeitpunkt der Werbeschaltung - selbst innerhalb der definierten Zielgruppe - nur diejenigen besonderes Interesse und somit "high involvement" zeigen, die entweder inhaltlich mit dem Thema zu tun haben oder sich gerade in der Phase des Kaufprozesses des beworbenen Produktes befinden. Abschließend verwies er darauf, daß die Werbeforschung nur dann sinnvoll genutzt werden kann, wenn die eingesetzte Methode der individuellen Zielsetzung der Studie angepaßt sei und sie sowohl als Entscheidungshilfe als auch als Diagnose-Instrument im Hinblick auf Stärken und Schwächen genutzt werde. In einem Beitrag von Dr. Beate von Keitz, ehemalige Assistentin von Prof. Dr. Kroeber-Riel, wurden insbesondere apparative Techniken zur Werbe- Wirkungsmessung beleuchtet. Dabei zeigte sie anhand von verschiedenen Beispielen die Möglichkeiten von Blickaufzeichnungs-, Tachistoskop- und Aktivierungs-Tests auf, die ihre "Leistung" in Kombination mit einem nachfolgenden Face-to-Face-Interview entfalten.
 
Im Gegensatz zum apparativen Vorgehen stellte Herr Dr. Christoph B. Melchers die Scheren-Analyse vor, einen rein psychologischen Ansatz, der in der Morphologie seinen Ursprung hat. Dr. Melchers geht es in erster Linie darum, die unmittelbare Wirkung der Werbung und somit die "Erlebensverläufe" der Rezipienten zu hinterfragen, die erst im Rahmen weiterer Schritte in "Nachwirkungen", "Speicherung" und idealerweise im "Kaufakt" enden. Dabei stellt er die These auf, daß sich die "unmittelbaren Emotionen" der Rezipienten in Form eines Scheren-Musters permanent zwischen "These" und "Gegenthese" hin und her bewegen, bevor die "Vermittlung der Werbebotschaft" durchdringt.
 
Einen ökonomisch ausgerichteten Ansatz stellt Herr Heinrich A. Lietzenroth, Geschäftsführer der GfK Testmarktforschung in Nürnberg, vor, der das reale Kaufverhalten als Beurteilungsmaßstab für den Werbeerfolg heranzieht. Im Rahmen des unter dem Namen "Behavior Scan" bekannten Testmarktverfahrens in Haßloch, einer im Hinblick auf soziodemographische Merkmale für die BRD repräsentativen Stadt in der Pfalz, erläuterte er die Möglichkeiten der Werbewirkungsmessung an tatsächlichen Abverkaufszahlen. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht das registrierte Einkaufsverhalten von 3.000 Haushalten, wovon eine Testgruppe (bestehend aus 2.000 Haushalten) mit der sogenannten GfK-Box versehen ist, die es ermöglicht, aktuell in der BRD ausgestrahlte Werbeblöcke durch neuentwickelte TV-Spots zu überblenden. Während die "Testgruppe" mit diesen "Neuentwicklungen" konfrontiert wird, sieht die "Kontrollgruppe" (bestehend aus 1.000 Haushalten) das aktuelle, im gesamten Bundesgebiet ausgestrahlte Fernseh- und Werbeprogramm. Über Scannerdaten wird das Einkaufs-verhalten der den unterschiedlichen Gruppen angehörigen Probanden direkt gegenüberstellt und ermöglicht somit Aussagen über Werbeerfolg oder Werbeflop. Die Dauer eines solchen Testverfahrens wird mit 32 bis 52 Wochen angegeben.
 
Ein weiterer Beitrag aus der Marktforschung wurde von Herrn Frank Vöhl-Hitscher, Geschäftsführer der IVE Research International, vorgetragen, der die Methode des Kampagnentrackings als Werbe-Erfolgskontrolle vorstellte. Bei diesem Verfahren werden die Reichweiten sowie die Überzeugungsleistungen von Werbeaktivitäten in regelmäßigen Abständen untersucht, mit dem Ziel, eine Image-veränderung im Zeitablauf aufzeigen zu können. Der besondere Reiz dieser Methode liegt in der Regelmäßigkeit der Erhebung sowie der Integration des Wettbe-werbs, so daß "permanente Referenzgrößen und Bench Marks" zur Verfügung stehen.


Nachdem die Forschungsseite sehr intensiv betrachtet wurde, leistete Henk Slagman, Inhaber der gleichnamigen Werbeagentur in Hamburg, einen Beitrag aus Agentursicht. Nach einem kurzen Exkurs zur Bedeutung der Marke, die sich seiner Ansicht nach aus dem Markenbild (Bekanntheitsgrad, Recall- Werte) und dem Markenguthaben (Loyalität, Sympathie) zusammensetzt, ging er auf die Bedeutung der Forschung ein, die er zum einen positiv unterstrich, zum anderen aber die aus seiner Sicht bestehende Gefahr des "Kreativitätskillings" herausstellte. Er ist absoluter Verfechter von ungewöhnlicher Werbung, die bei zu viel Forschung der Gefahr ausgesetzt werde, den Verbraucher nicht zu erreichen und somit ihre Wirkung zu verfehlen. Zur Abrundung des Programms stellte Hans-Jürgen Schmidt, Hauptabteilungsleiter Marketing/PR bei der Bavaria-St.Pauli-Brauerei AG, eine Fallstudie zur Werbewirkung vor. Am Beispiel des aktuellen Jever-Spots zeigte er den Weg einer "Idee" - gestützt durch die Ergebnisse einer Segmentationsstudie sowie einer tiefenpsychologischen Analyse - bis zur Umsetzung und Erfolgsmessung über Trackingstudien auf.
 
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß die im Rahmen der Veranstaltung hervorgehobene Pré-Test-Forschung einen steigenden Stellenwert in der Marktforschung erhält, die es mit einem relativ geringen Kosteneinsatz möglich macht, große "Verschwendungen" zu vermeiden.
 
Letzten Endes bot die Veranstaltung einen guten Überblick über mögliche alternative methodische Vorgehensweisen im Rahmen der Werbewirkungsforschung.

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