Erinnern Sie sich noch an die Verhüllung des Berliner Reichstages? Bestimmt. Der weltberühmte Verpackungskünstler Christo hat mit dieser im Vorfeld sehr umstrittenen Aktion ein Werk geschaffen, mit dem sich die Bürger unseres Landes intensiv auseinandergesetzt haben. Erreicht wurde mit diesem Kunstwerk aber nicht die volksübergreifende Akzeptanz. Viele blieben bis zum Schluß ablehnend: "Was soll das Ganze? Das kostet ja nur ein Vermögen." Angeregt wurde aber zumindest eine Diskussion über Kunst im allgemeinen, sowie über die Bedeutung des Berliner Reichstages und des deutschen Parlamentes im speziellen.
Aus Marketingsicht betrachtet wurde durch die Verhüllung fast maximale Aufmerksamkeit in der Bevölkerung erreicht. Nicht vermittelt wurde jedoch eine besondere Intention, eine Botschaft, eine Erwartungshaltung in bezug auf die spätere Präsentation des Reichstages - was jedoch wohl auch kaum in der Absicht des Künstlers gestanden haben wird. Für eine Verpackung eines Konsumgutes ist die Schaffung von Aufmerksamkeit jedoch nicht alleine ausreichend. Darüber hinaus muß eine Verpackung Werte, Inhalte kommunizieren und zum Produkt passen.
Auch für einen Fernsehsendungstitel z.B. zur Benennung einer Serie, eines Magazins o.ä. kann es nicht genügen, alleine Aufmerksamkeit zu schaffen und ansonsten relativ beliebig den Assoziationen und Interpretationen des Betrachters bzw. Hörers ausgeliefert zu sein wie ein verpacktes Objekt von Christo. Ein Sendungstitel muß zusätzlich zwei wichtige Funktionen über die reine Aufmerksamkeit, die für einen Sendungstitel eher von tertiärer Wichtigkeit ist, hinaus leisten. Der Sendungstitel muß zum einen Sehmotivation auslösen. Zum anderen ist es zumindest ebenso wichtig, eindeutig den Sendungscharakter zu signalisieren. Nur durch diese Eindeutigkeit werden Zuschauer zum Erstkontakt animiert. Arztserienfans - und davon gibt es ja immer noch trotz gewisser Sättigungstendenzen, die im Rahmen von Gruppendiskussionen bei manchen Zuschauern erkennbar sind, genug - werden wohl gezielter eine Serie auswählen, wo "Doktor" auch draufsteht und nicht nur drin ist. Gleichzeitig darf beim Zuschauer keine falsche Erwartungshaltung evoziert werden. Als Arztserienfan wird man sich seine Serie, wo z.B. "Doktor" draufsteht, aber statt eines richtigen Arztes z.B. im Rahmen einer Comedy die Persiflage eines Arzthelden präsentiert wird, nur einmal anschauen. Eine solche Persiflage müßte eindeutig über den Sendungstitel kommuniziert werden, um die richtige Zielgruppe - Comedy-Fans - auch direkt zu erreichen und die falsche Zielgruppe - Arztserienfans - nicht zu enttäuschen, was durchaus auch negativ auf den ausstrahlenden Sender abfärben kann.
Um falsche Erwartungen zu vermeiden und die sehmotivierende Wirkung des Sendungstitels zu überprüfen, gehört die Durchführung eines Titel-Testes zum Standardinstrumentarium des Monheimer Institutes und dieses Instrument wird auch von vielen "Fernsehkunden" regelmäßig eingesetzt. Methodisch wird dabei in der Regel eine Auswahl von Titeln einbezogen, die in einem monadischen Testdesign - für jeden Titel wird eine monadische Testgruppe gebildet - überprüft werden. Die Interviews werden in der Regel telefonisch durchgeführt. Dabei werden zunächst ungestützt und offen erste Assoziationen gesammelt bis über verschiedene Stufen das Genre, in dem sich die Sendung bewegt, vorgegeben wird. Anschließend findet eine skalierte Einstufung der Sehmotivation sowie möglicher Sendungseigenschaften statt, die mit dem Sendungstitel kommuniziert werden, statt. Als Ergebnis solch einer Untersuchung sollten die Assoziationen der Zuschauer zum Sendungstitel mit dem Sendungscharakter weitgehend übereinstimmen, was eine notwendige Bedingung darstellt. Ist dann auch noch eine sehmotivierende Kraft erkennbar, ist der Sendungstitel als wirklich gut zu bezeichnen und die notwendige wie hinreichende Bedingung eines leistungsfähigen Sendungstitels erfüllt.